Interview

Ein Blick in die Vergangenheit

40 Jahre Hilfe zur Selbsthilfe: Berthold Engelmann im Tschad

25 Jahre Erfahrung in der humanitären Hilfe

Berthold Engelmann ist Help-Nothilfekoordinator. Er gehört zu den Dienstältesten bei Help und hat in den letzten 25 Jahren zahlreiche Projekte von Help begleitet. Anlässlich seines Dienstjubiläums sowie des 40-jährigen Jubiläums von Help im Jahr 2021 erzählt er, welche Ereignisse besonderen Eindruck bei ihm hinterlassen haben.

Seit wann bist du bei Help und in welchen Positionen hast du schon bei Help gearbeitet?

Ich bin bereits seit 1996 bei Help, mit einer Unterbrechung von 2000 bis 2001, als ich für eine andere Organisation im Libanon war. Angefangen habe ich als Pressesprecher und Fundraiser. Wir waren damals ja nur 5 Leute in der Bonner Zentrale und jeder musste ein bisschen von allem können. So gelangte ich dann nebenbei auch in die Projektarbeit, als jemand gesucht wurde, der unsere Projekte in der Minenräumung in Bosnien nach dem Krieg betreute. Eine spannende Aufgabe, weil es etwas völlig Neues war.

Eigentlich habe ich fast alles mal bei Help gemacht, von der akuten Nothilfe und großen Wiederaufbauprojekten über den Aufbau der Homepage, Pressearbeit und Fotografie bis hin zur Planung von Veranstaltungen und Administration. Heute sind wir natürlich bei 45 Mitarbeiter:innen viel spezialisierter.

Erinnerst du dich noch an deinen ersten Auslandseinsatz?

Ja, das war 1996 im kriegszerstörten Sarajevo. Ich besuchte den Ortsteil Dobrinja in der Nähe des Flughafens, wo unser erstes Minenräumprojekt stattfinden sollte.

Überall sah ich gespenstische Ruinen, die beim Häuserkampf zwischen den Konfliktparteien zerstört worden waren.

Es war gefährlich, das Auto zu verlassen, weil überall improvisierte Sprengfallen und Minen lauerten. Heute ist dort nicht zuletzt dank unserer Arbeit wieder blühendes Leben eingekehrt.

In welchen Ländern hast du die Projekte von Help besonders eng begleitet?

Das waren sicherlich Afghanistan und der Tschad. In Afghanistan habe ich mit meinen Kolleg:innen nach der Befreiung von den Taliban 2001 den Neustart von Help im Westen des Landes organisiert. Wir begannen mit dem Aufbau von Mädchenschulen und halfen später beim Bau von Wasserleitungen.

Damals war in Afghanistan eine Atmosphäre des Neuanfangs und des Aufbruchs. Man konnte überall hinreisen. Heute ist leider die Angst wieder zurückgekehrt.

Die Projekte im Tschad, einem faszinierenden Land, habe ich lange begleitet, von den ersten Minenräumprojekten bis zum Bau von solaren Wasseranlagen für Flüchtlingslager. Dort würde ich auch privat mal gerne hinreisen, denn ich liebe Wüste und Savanne.

Welcher Einsatzfall hat bei dir den größten Eindruck hinterlassen?

Auf jeden Fall mein Einsatz beim Erdbeben im Iran in der Stadt Bam 2003. Das Beben ereignete sich am zweiten Weihnachtstag und es war schnell absehbar, dass es eine riesige Katastrophe werden würde. Am nächsten Tag saß ich mit einem Kollegen im Flieger in den Iran.

Die Bilder in der Stadt Bam, in der 26.000 Menschen, ein Viertel der Bevölkerung, innerhalb von Minuten auf relativ kleinem Raum getötet wurden, werde ich nie vergessen. Auch den Geruch leider nicht.

Wir konnten aber schnell etwas tun, indem wir auf dem lokalen Markt der Nachbarstädte Lebensmittel und warme Decken kauften und verteilten. Später halfen wir dann beim Wiederaufbau.

Was war das außergewöhnlichste Erlebnis, das du auf einer Projektreise oder bei einem Einsatz hattest?

Da gibt es viele, aber am außergewöhnlichsten fand ich immer die Begegnung mit Kindern in unseren Projektländern. Sie schaffen es, fast in jeder Art von Not mit einem zu spielen und zu lachen, wenn man offen und mit Humor auf sie zugeht.

Besonders in den Flüchtlingslagern des Tschad ist mir das aufgefallen. So viel Fröhlichkeit und Neugierde habe ich selten erlebt.

Kinder haben auf der ganzen Welt die gleichen Bedürfnisse und auch der Humor ist überall ähnlich. Für mich ein schöner Gedanke.

Berthold Engelmann, Help-Nothilfekoordinator

Wie hat sich die Arbeit von Help im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert?

Help ist heute viel professioneller geworden, als noch vor 20 Jahren. Früher mussten wir sehr viel improvisieren. Wir sind zum Beispiel mal mit 300.000 DM Wiederaufbaugeld nach Sarajevo gefahren, weil wir den Banken nicht trauten. Oder man war auch mal ein paar Tage verschollen, weil es keine Telefonleitung gab. Heute wäre das nicht mehr möglich.

Was wünschst du dir für die kommenden Jahre bei Help?

Wir fördern heute noch stärker als früher unsere lokalen Strukturen und lokalen Partner. Ich finde es zum Beispiel sehr gut, dass wir erfahrene lokale Kolleg:innen nun immer öfter als „Internationale“ in anderen Projektländern oder in der Bonner Zentrale einsetzen. In dieser Richtung müssen wir weiterarbeiten.

40 Jahre Hilfe zur Selbsthilfe: Nothilfe im Iran
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