Feministische Außen- und Entwicklungspolitik

Stellungnahme

Landwirtschaft im Südsudan

Stellungnahme zu neuen Leitlinien der feministischen Außen- und Entwicklungspolitik

Help – Hilfe zur Selbsthilfe | Bonn, 31. März 2023

Unsere Vision ist eine Welt, in der Not, Armut und soziale Ungerechtigkeit überwunden sind und alle Menschen in Würde, Frieden und Sicherheit selbstbestimmt und gleichberechtigt leben können. Dies betrifft in vielen Kontexten insbesondere die Situation der Frauen und Mädchen sowie weitere marginalisierter Gruppen, wie Kinder und Jugendliche, ältere, arme und kranke Menschen, Menschen mit Behinderung, Geflüchtete und Migrant:innen sowie von Rassismus, Queerfeindlichkeit und struktureller Diskriminierung betroffene Menschen.

Diese Menschen sind insbesondere in Krisen und Konflikten zusätzlichen Risiken ausgesetzt. Eine erfolgreiche und inklusive Hilfe zur Selbsthilfe erfordert demnach eine spezifische Anerkennung und intersektionale Berücksichtigung ihrer Verletzlichkeiten und Lebensumstände in jeglichem humanitären und entwicklungspolitischen Handeln.

Feministische Außen- und Entwicklungspolitik ist Hilfe zur Selbsthilfe

Wir begrüßen die neuen Leitlinien des Auswärtigen Amts (AA) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik. Der dezidierte Fokus auf eine umfassende Teilhabegerechtigkeit für Frauen, Mädchen und weitere marginalisierte Gruppen ist dabei von besonderer Bedeutung für unsere Organisation.

Nur wenn alle Menschen am politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt teilhaben können, kann Resilienz gegenüber Krisen aufgebaut und können Lebensumstände nachhaltig verbessert werden. Daher ist unsere Hilfe zur Selbsthilfe per Definition feministisch und transformativ.

Wir begrüßen insbesondere, dass die Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik im Rahmen eines inklusiven Konsultationsprozesses unter Beteiligung von zahlreichen Expert:innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen aus dem globalen Süden erarbeitet wurde. Diese Form von lokaler und zivilgesellschaftlicher Einbindung wünschen wir uns zukünftig häufiger in strategischen Prozessen der Ressorts.

Machtverhältnisse aufbrechen – lokalen Kompetenzen vertrauen

Wir begrüßen die ambitionierten Zielsetzungen des AA und BMZ, die das Potenzial haben, die humanitäre und entwicklungspolitische Projektarbeit noch deutlich stärker an den Rechten und Bedürfnissen vulnerabler und marginalisierter Gruppen auszurichten. Um dieses Potenzial bestmöglich zu nutzen, sollte im Sinne der Lokalisierung die lokale Zivilgesellschaft federführend an der Ausgestaltung, Umsetzung und Evaluation der neuen Leitlinien beteiligt sein. Das Recht auf Selbstbestimmung bildet hierbei den Kern unseres feministischen Verständnisses.

Frauen, Mädchen und marginalisierte Gruppen müssen nicht nur in allen Phasen des Projektzyklus, sondern auch bei Grundsatzfragen der humanitären und entwicklungspolitischen Arbeit gehört und einbezogen werden und mitentscheiden. Help übernimmt hierbei die Anwaltschaft der lokalen Zivilgesellschaft gegenüber Geber:innen und fungiert gleichzeitig beratend in Fragen von Implementierungsstandards und Wirkung humanitärer und entwicklungspolitischer Vorhaben.

Diese solidarische Grundhaltung steht für uns auch dann noch im Vordergrund, wenn Projektarbeit unter schwersten Bedingungen, wie aktuell in Afghanistan oder im Jemen, stattfinden muss. Ziel einer feministischen Außen- und Entwicklungspolitik sollte immer sein, gemeinsam mit Betroffenen tragfähige Lösungen zu erarbeiten und vorhandene Potenziale auszuschöpfen.

Rechenschaft, wem Rechenschaft gilt

Die Leitlinien für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik benennen viele zentrale Instrumente zur Herstellung von globaler Teilhabegerechtigkeit – Gender-Mainstreaming in allen Arbeitsbereichen, gendertransformative humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sowie die Bereitstellung von zusätzlichen Ressourcen im Rahmen von Gender-Budgeting.

Im Rahmen der aktuellen Grundsatzfragen zur humanitären Notlage in Afghanistan, dem Wiederaufbau der Ukraine und vielen weiteren Kontexten, muss eine erfolgreiche feministische Außen- und Entwicklungspolitik messbare Ergebnisse vorweisen. Die Zielsetzung darf nicht nur innenpolitische Rechenschaft sein, sondern muss den Ansprüchen der betroffenen Menschen entsprechen und vorrangig hier wirksam und spürbar sein.