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Die Mühlen mahlen langsam
In Syrien herrscht weiterhin Krieg. 53 Prozent aller Flüchtlinge, die nach Europa gelangen stammen aus Syrien. Unsere Projektkoordinatoren, Eberhard Wissinger und Maha Telfah, waren zu Besuch bei uns in Bonn und haben sich die Zeit für ein Interview genommen.

Worin besteht eure Tätigkeit?
Wir arbeiten derzeit in einem Krisengebiet. Wenn Help Unterstützung bei öffentlichen Gebern, wie dem Auswärtigen Amt oder dem BMZ beantragt, dann müssen die Anträge aus der Krisenregion selbst stammen. Das heißt wir in Damaskus müssen eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation vornehmen und exakt recherchieren, welche die effektivsten Hilfsmaßnahmen für die Menschen der Region sind. Außerdem organisieren wir die Hilfsmaßnahmen, führen sie durch und werten die Ergebnisse der Maßnahmen aus.
Wie sind die Umstände unter denen ihr arbeitet?
Aufgrund der gewaltsamen Konflikte ist die Arbeit in Syrien gefährlich und äußerst schwierig. Man weiß nie, wann Angriffe auf eine bestimmte Region stattfinden. Insbesondere als Europäer ist die Gefahr entführt zu werden hoch, da viele Menschen sich dadurch ein Lösegeld erhoffen. Für uns ist es nicht möglich Fotos in den Krisengebieten zu machen, da wir damit uns selbst und die Menschen auf den Fotos großer Gefahr aussetzen.
Warum gefährdet man die Menschen allein durch Fotos?
Die Medien in Syrien werden zu 100 Prozent kontrolliert. Die Nutzung von Facebook oder Google ist riskant, da der Besuch jeder Website Konsequenzen haben kann. Für uns könnte das bedeuten, dass wir das Land verlassen müssten oder keine Visa mehr bekommen könnten. Die Einheimischen können durch Fotos leicht zum Ziel der verschiedenen kämpfenden Parteien werden.

Was – außer den Konflikten – macht die Arbeit in Syrien so schwierig?
Das Problem liegt vor allem in der zeitnahen Bearbeitung unserer Anträge. „The mills are working slowly“ – Die Mühlen mahlen langsam. Wenn wir einen Antrag zur Unterstützung eines Projektes einreichen, dann dauert es oft viel zu lange bis die Finanzierung freigegeben wird. In der Zwischenzeit haben sich die Nöte der Menschen verändert oder die Binnenflüchtlinge sind in andere Regionen weitergezogen, um dem Krieg zu entkommen. Und wenn es mal schnell geht, dann müssen wir die Anträge auch noch in den jeweiligen Institutionen in Syrien bearbeiten lassen. Ein großes Problem sind auch die vielen Kontrollen unserer Arbeit. Die Regierungen haben Angst vor Korruption, daher wird alles mehrfach kontrolliert, was den Prozess verlangsamt.

Wie schätzt ihr die Lage in Syrien ein?
Die Situation ist katastrophal für das Land und vor allem für die Menschen. Unserer subjektiven Einschätzung nach wird sich die Situation auch in der nahen Zukunft nicht verbessern. Die Folge: Mehr und mehr Menschen werden fliehen, um ihre Leben zu retten.
Wie kann man den Menschen in Syrien aktuell am besten helfen?
Was die Menschen am dringendsten brauchen ist Sicherheit. Die Konflikte müssten enden. Aber sie brauchen auch sichere Nahrungsmittelversorgung, Wasser und medizinische Unterstützung. In Damaskus gibt es zwei Supermärkte und sogar für uns Projektkoordinatoren sind dort die Lebensmittel zu teuer. Die Menschen in den Vorstädten sind so arm, dass sie Gras und Erde essen müssen. Aktuell hält der Winter Einzug in Syrien und die Menschen leiden unter der Kälte. Sie brauchen warme Kleidung, geschützte Schlafplätze, Decken und Matratzen. Vor allem für die Kinder ist die Kälte bedrohlich.
Was macht Help für die Menschen in Syrien?
Help ist eine der wenigen internationalen Hilfsorganisation in Syrien, die ihre Hilfeleistungen und Hilfsgüter noch selbst in die betroffenen Regionen bringt. Help entscheidet selbst, wo Hilfsleistungen und Hilfsgüter am dringendsten benötigt werden. Viele andere INGOs vertrauen ihre Hilfsgüter den Konvois der UN oder dem Roten Halbmond an. Wo diese Konvois, die Hilfsgüter dann hinbringen, entscheidet allerdings die syrische Regierung in Abstimmung mit dem Internationalen Roten Kreuz.
Wie gehen Sie persönlich mit der Situation um?
Wir arbeiten in einer Extremsituation. Wir haben zwar gelernt, mit solchen Situationen umzugehen, dennoch nimmt es einen immer wieder mit, wenn man in ein Flüchtlingscamp kommt, wo 3.000 Menschen unter den schlimmsten Bedingungen leben müssen. Der natürliche Instinkt ist es den Menschen spontan seine eigene Kleidung und Geld zu geben. Aber geholfen ist damit nur einem einzelnem. Um alle zu erreichen, müssen wir uns langfristig engagieren und nachhaltig wirkende Projekte durchführen und neue ins Leben rufen.
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