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Flüchtlinge in Idomeni in Griechenland
Griechenland

Eine Tankstelle bei Idomeni

Auf dem Rückweg von unserem Besuch im Flüchtlingslager in Idomeni in Griechenland sahen wir entlang der Autobahn vereinzelte Zelte, vor allem an Raststätten und Tankstellen. Als wir an einer Tankstelle stoppen, werden wir neugierig von den Flüchtlingen begrüßt. Die Leute hoffen, wir bringen Nahrung, Kleidung oder gute Nachrichten. Leider stehen wir mit leeren Händen da. Ein junger Mann kommt auf mich zu und stellt sich in gebrochenem Deutsch vor. Sein Name ist Suleiman, er wohnt in Berlin, geht dort auf die Berufsschule und kommt ursprünglich aus Syrien. Suleiman haust zurzeit in einem Zelt an der Tankstelle, weil er seine Frau aus Syrien nach Deutschland holen wollte und jetzt gemeinsam mit ihr nicht weiter kommt.

Im nächsten Moment gesellt sich ein weiterer Mann namens Sabir dazu. Er spricht fließend Deutsch mit schwäbischem Akzent. Sabir lebt seit vielen Jahren in Baden-Württemberg und ist dort berufstätig. Er ist deutscher Staatsbürger. Auch er ist mit seiner Frau hier. Er wollte sie aus Afghanistan holen, weil sie dort nicht mehr sicher war. Er hat es auf legalem Weg versucht, aber es scheiterte an ihren fehlenden Deutschkenntnissen, sagt er. Sachlich schildert er seine Situation: Er habe seinen Jahresurlaub und einen Monat unbezahlten Urlaub genommen, um seine Frau aus Afghanistan zu holen. Jetzt sitzen sie an der Grenze zu Mazedonien fest und Sabir musste seinem Arbeitgeber in Deutschland sagen, dass er es nicht rechtzeitig zum Arbeitsbeginn zurück schafft. Sein Arbeitgeber hatte zunächst Verständnis, aber erklärte Sabir auch, dass sie in absehbarer seine Stelle neu besetzen müssten. Sabir macht sich nun große Sorgen, um seinen Job und seine Wohnung, die leer steht und die er ohne seinen Lohn nicht bezahlen kann. Er könnte ja nach Deutschland zurück, aber es ist zu gefährlich seine Frau allein zurückzulassen.  

Die Situation der Menschen hier bei Idomeni ist ungewiss und gefährlich. Übergriffe auf Frauen und Rangeleien unter den tausenden zusammengepferchten, schutzlosen Menschen sind an der Tagesordnung. Sabir weiß nicht weiter. Er war bei der deutschen Botschaft in Athen, um dort als deutscher Staatsbürger Hilfe zu suchen – dies klappte jedoch nicht. Er hört täglich die deutschen Nachrichten und ist sich wohl bewusst, dass die unter den Flüchtlingen kursierenden Gerüchte, dass die Grenze zu Mazedonien in ein paar Tagen aufgemacht wird, nicht wahr sind. Aber welche Wahl hat er, als sich an jeden Strohhalm zu klammern? Als nächstes sprechen wir mit Fadi. Er erklärt er sei in Deutschland aufgewachsen, aber vor 14 Jahren mit seinem Vater in den Libanon zurückgekehrt. Er möchte zurück nach Deutschland, weil er seine Kinder vor dem Terror schützen will. Sie sind im Libanon nicht sicher. Fadi zeigt uns seine zwei Schussverletzungen. Eine an der Hand und eine am Arm. Er liebe sein Heimatland, den Libanon, aber er möchte, dass seine Kinder ohne Gewalt aufwachsen. 

„Keiner verlässt seine Heimat, wenn er eine andere Wahl hätte“ ,sagt Fadi.

Sicherlich kann man nun einwerfen, dass dies unglückliche Einzelschicksale sind. Aber es ist eine ganze Flut an Menschen, die im Dreck ausharren und nur darauf warten weiterzuziehen. Besonders drückend für die Menschen ist ihre Ohnmacht, nichts an ihrer Lage ändern zu können. Mangelnde Verantwortungsübernahme der Behörden und der internationalen Gemeinschaft, nichtexistente Koordination der vielen Freiwilligen und Hilfsorganisationen, Wind und Wetter – die vielen Flüchtlinge sind ausgeliefert und Hoffnungslosigkeit macht sich breit.  

Viele Grüße, eure Simone