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Einkommen schaffen in Afghanistan
Afghanistan

Skifahren in Afghanistan?!

Klingt befremdlich, oder? Denn was man aus Afghanistan hört, dreht sich meistens weniger um Sport oder Freizeit, sondern eher um Krieg, Korruption und Politik. Und doch gibt es in Afghanistan Ecken, in denen es nicht nur atemberaubend schön, sondern auch friedlich ist. Ein solches Eckchen ist Bamiyan, ein Höhental, berühmt für die riesigen Buddha-Statuen, die 2001 von den Taliban gesprengt wurden. Seit Jahren fahren hier internationale Touristen und Afghanen einmal im Jahr beim „Afghan Ski Challenge“ um die Wette Ski. Mein Mann Torben und ich haben seit August letzten Jahres das Glück hier gemeinsam zu leben, und für Help ein Capacity Building- und ein Biogas-Projekt zu leiten. Letzten Februar stand ich noch alleine staunend am schneebedeckten Hang und schaute dem Rennen zu.

Dieses Jahr stand ich wieder allein am schneebedecktem Hang, aber mein Mann Torben ging an den Start. War ja klar! Obwohl er seit fünf Jahren nicht Skifahren war. Es gibt hier weder Skilifte, noch eine Piste, und ein Großteil des Rennens besteht daraus den Berg hoch zu hasten: Alles egal! Denn „Wann hat man schon mal so eine Gelegenheit!?“(O-Ton, mein Mann, das ganze letzte Jahr, seit ich ihm von dem Rennen erzählt hatte). Also stand ich da wieder alleine, wünschte ihm Hals-und Beinbruch, und hatte im Gegenzug Muße, mich in Ruhe umzuschauen und zu erkennen, dass sich im vergangenen Jahr viel getan hat. Help unterstütze letztes Jahr die Ausbildung von sechs Ski-Guides, von denen vier in diesem Jahr am Rennen teilnahmen. Seitdem haben wir es mit unserer befreundeten slovenischen Organisation „Zavod Krug“ geschafft, über 500 Paar Skier, Ski-Schuhe und Skibekleidung sowie anderes Equipment nach Bamiyan zu bringen. 2014 wurde das Spektakel noch von der NEON dokumentiert, dieses Jahr war es schon das ARD Weltspiegel (Den Beitrag findet ihr hier).

Nach dem Rennen - alles heile!

Vor einem Jahr träumten zwei der Ski-Guides, Sayat und Ali Shah,noch davon professional Ski zu fahren, dieses Jahr  verbrachten sie den Winter in St. Moritz und sind die große Winter-Olympia Hoffnung für Afghanistan 2018. Jedes Jahr nehmen mehr Frauen und Mädchen an Skikursen und -rennen teil. Und die Kinder, die sie im Weltspiegel Beitrag und auf den Fotos sehen können, wie sie mit selbstgebastelten Holz-Skiern, ohne Rücksicht auf Verluste, die Berge runterrauschen, werden auch jedes Jahr mehr. Das Skifieber steigt. Das hat nicht nur schöne Auswirkungen auf den lokalen Tourismus, sondern bedeutet in vielen Fällen auch, dass im Winter vom Schnee abgeschnittene Dörfer mehr Kontakt zu den Städten und Märkten halten können. Für die Kinder bedeutet es die Möglichkeit, auch im Winter draußen zu spielen und sich zu bewegen. Kein Wunder, dass es in den drei Monaten, in denen hier bis zu 1.5 Meter hoch Schnee liegen und die Straßen in die Dörfer nicht befahrbar sind, selbstgebastelte Holz-Skier immer noch besser sind als nichts.

Ein Großteil der Skier die Help letztes Jahr nach Bamiyan brachte, haben wir in der Woche nach der Challenge an Kinder in abgelegenen Dörfern verteilt - insgesamt waren es über 200 Paar Skier. Der Rest wird entweder repariert, oder fürs nächste Jahr fit gemacht, in dem bestimmt noch mehr Menschen nach Bamiyan zum Skifahren kommen. Und Torben? Torben hat’s heil den Berg runtergeschafft. Mit Startnummer 12 landete er im hinteren Mittelfeld, aber so genau wissen wir das bis jetzt nicht. Ist aber auch egal, denn wenn es um so etwas außergewöhnliches und schönes, wie Skifahren in Afghanistan geht, ist dabei sein definitiv mehr als genug. Das Foto auf dem Siegertreppchen konnte ich mir natürlich trotzdem nicht verkneifen.

Bis bald, eure Feli